Soziokratie:
Erfolgreicher Transformationsprozess
Kategorie: Blog
Anlässlich meiner Re-Zertifizierung als Soziokratieberaterin galt es für den Zertifizierungsbericht die Projektbegleitungen der letzten Jahre zu reflektieren. Hier erhalten Sie Einblick in einen Transformationsprozess, der mir besonders ans Herz gewachsen ist.
Soziokratischer Transformationsprozess in a Nutshell
Die Führung der Jobfabrik, Produktionsschule der Stadt Wien und Abteilung der Wiener Volkshilfe, entschied sich 2018, mich für die Begleitung zur Einführung der Soziokratie zu beauftragen. Zusammen mit gut ausgewählten Vertreter:innen aus allen Bereichen der Organisation haben wir dann Schritt für Schritt dieses Projekt umgesetzt.
Zum Kennenlernen der soziokratischen Arbeitsweise haben wir der Soziokratie-Implementierung in der Gesamtorganisation einen soziokratischen Prozess zur Entwicklung eines Leitbilds vorgeschaltet. Der Leitbild-Entwicklung folgte 2019 eine ausführliche Designphase für die neue soziokratische Kreisstruktur der Jobfabrik, um das neue Leitbild lebendig werden zu lassen. Zielsetzungen waren insbesondere die Verbesserung der Besprechungskultur, mehr Beteiligung der einzelnen Mitarbeitenden und mehr Kundenorientierung.
Der Start für den Rollout in der Gesamtorganisation war für das Frühjahr 2020 vorgesehen und wurde durch die Corona-Pandemie vorerst gestoppt. Im September 2020 gab es dann ein kurzes Zeitfenster, in dem eine Präsenz-Klausur mit allen Mitarbeitenden zum Start der neuen Organisationssstruktur in Kreisen erfolgen konnte, womit der Transformationsprozess fortgeführt wurde. Nachdem im Oktober 2020 die steigenden COVID-19-Fälle eine Umstellung auf Online-Arbeit erforderten, verlegten wir die weitere Begleitung der soziokratischen Transformation in den virtuellen Raum. Ende 2020 wurden die einzelnen Kreise in das Selbstmanagement ohne externe Begleitung entlassen.
Im März 2021 führten wir eine Evaluierung durch, um zu prüfen, inwieweit die gesteckten Ziele erreicht wurden und wo Nachbesserungen und Weiterentwicklung ansetzen können.
Vorteile soziokratischen Arbeitens
Das Ergebnis der Evaluierung zeigte klar, dass das soziokratische Arbeiten von den Menschen in der Jobfabrik angenommen wurde. Es wurde sehr positiv bewertet. Insbesondere folgende Aspekte wurden als Vorteile im Vergleich zu den bisherigen Arbeitsmustern genannt:
- Klare Struktur
- Effizienz von Meetings
- Aktive Einbindung von allen: Menschen lernen ihre Stärken und Schwächen kennen und können sich besser einbringen
- Gemeinsames Reflektieren und Überdenken
- Lebendige und raschere Entscheidungsfindung
- Regelmäßige und bessere Information und Kommunikation
- Mehr Transparenz von Hintergrundinfos und Entscheidungen
Was bleibt noch zu tun? Wie geht es weiter?
Die Evaluierung war auch Anstoß für weitere Verbesserungen. In der Folge wurden Maßnahmen wie die Schärfung von Kreiszuständigkeiten, alternative Kanäle zur Beschlussfassung und spezifische Einbindung von Kritikern beschlossen.
Interne Soziokratie-Expertinnen tragen dafür Sorge, dass die Soziokratie in der Jobfabrik weiterhin gut gelebt wird. Sie treten bei Bedarf mit mir als externe Soziokratieberaterin in Kontakt und stellen durch ihr qualifiziertes Agieren das Nachsteuern und die Weiterentwicklung des soziokratischen Arbeitens sicher.
Erfolgsfaktoren für den soziokratischen Transformationsprozess
Als Essenz aus diesen drei Jahren Begleitung möchte ich für die Soziokratie-Implementierung in der Gesamtorganisation folgende Faktoren als besonders relevant hervorheben:
- Freiwillige Einbindung aller in den Kennenlernprozess: Die Teilnahme am Leitbildprozess war freiwillig und bot in einer nahezu spielerischen Art und Weise die Gelegenheit soziokratisches Arbeiten auszuprobieren.
- Klare Haltung und Entscheidung der Unternehmensleitung: Die Führung deklarierte sich eindeutig und bekannte sich ganz klar zur Soziokratie. Das Projekt der Leitbild-Erstellung war von Beginn an mit der Vollimplementierung verwoben.
- Gut integrierte Vision und Mission: Mit dem Leitbildprozess wurde ein verbindender Leitstern für soziokratisches Arbeiten – insbesondere für Entscheidungen – geschaffen.
- Positives Menschenbild der Führungspersonen: Die Führung traut den Menschen in der Jobfabrik etwas zu. Die Führungspersonen vertreten Wertesysteme und ein Menschenbild, dem ich mich anschließen kann.
- Vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen internen und externen Experten: Die Abstimmung mit der Führung und den internen Wandelagenten basierte auf großem gegenseitigen Vertrauen und Respekt.
- Wandelagenten mit Soziokratie-Know-How in der Organisation: Das gesamte Führungsteam besaß grundsätzliches Soziokratie-Verständnis. Zwei Wandelagentinnen agierten von Anfang an als interne Soziokratie-Botschafterinnen und Ansprechpersonen.
- Projektteam mit Vertreter:innen aus allen Bereichen der Organisation: Die Mitglieder des Implementierungsteams wurden aus der Mitte der Organisation mittels offener soziokratischer Wahl ausgesucht. Das legitimierte den Veränderungsprozess auch von unten.
- Take your time: Es gab ein Bekenntnis zu einem angemessen entschleunigten Design- und Einführungsprozess.
Mehr Infos zu Soziokratie in der Praxis
- Details zum soziokratischen Transformationprozess in der Jobfabrik auf dem Portal der Soziokratie Community
- Blogartikel »Soziokratie: Best Practice und Inspiration«
- Blogartikel »4 Parameter für agile Transformation«
Kontaktieren Sie mich, falls Sie darüber hinaus Informationen zu diesem Transformationsprozess erhalten wollen unter +43 650 366 2693 oder annemarie.schallhart@schallhart.com.
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